Kampmeiers Kolumne

Vier Wochen. Sechs Orte. Viele Bühnen – und mindestens genauso viele Überraschungen.

Veröffentlicht am 29. April 2025
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In diesem Beitrag nehme ich Sie mit auf eine kleine Reise durch einen besonders intensives Frühjahr. Es geht um Kommunikation in all ihren Facetten: auf Kongressen und in kleinen Cafés, mit Bauleitern und Bankerinnen, auf Bühnen – und manchmal auch im Taxi auf Kofferjagd.

Was all diese Erlebnisse verbindet? Die Erkenntnis, dass gute Kommunikation kein perfektes Drehbuch braucht – sondern Präsenz, Vertrauen und manchmal einfach nur den Mut, weiterzumachen, auch wenn der Plan A gerade winkend davonfährt.

Ein Text über Perspektivwechsel, spontane Wendungen – und das, was bleibt, wenn alles wackelt.

Zwischen Bühne, Bus und Bauleitung – Was ich in vier Wochen über echte Verbindung gelernt habe

Einstieg – oder: Wenn der Busfahrer dein Gepäck besser kennt als du selbst

Es war einer dieser Tage. Ich stieg aus dem Linienbus in Düsseldorf, um in die U-Bahn umzusteigen, auf dem Weg zum Bahnhof – da fällt mir auf: Mein Koffer fehlt! Er ist offensichtlich ohne mich im Bus zurückgeblieben.

Nur ein Moment der Unachtsamkeit – aber genau solche Augenblicke waren es, die die vergangenen vier Wochen geprägt haben. Nicht nur voller Termine, sondern voller Wendungen. Unerwartet, lebendig, herausfordernd – und rückblickend: lehrreich.

Was passiert, wenn der Plan nicht aufgeht? Wenn Künstler absagen, mehr Leute kommen als erwartet oder Koffer auf Abwege geraten?

Dann zeigt sich, was bleibt. Und worauf man wirklich bauen kann.

Kapitel 1: Dresden – Zukunft denken, Perspektiven teilen

Am 19. März traf sich im Rahmen des Future Hubs der German Speakers Association ein bunter Mix aus Unternehmerinnen, Skeptikern, Speaker:innen und jungen wie erfahrenen Teilnehmenden. Es war kein klassischer Kongress, sondern ein gemeinsames Nachdenken: Was macht Künstliche Intelligenz mit uns – als Menschen, als Gesellschaft?

In kleinen Gruppen wurde diskutiert, gestritten, gelacht, gefragt. Ganz ohne PowerPoint – dafür mit offenen Herzen.

Direkt im Anschluss: die WinterConference der GSA. Zwei Tage voller Input von Speaker:innen für Speaker:innen – mit Vorträgen, Workshops, Tanz und dem, was so ein „Familientreffen“ eben ausmacht.

Mein kleines Mini-Highlight: der Speaker-Battle. Namen aus dem Hut, Themen aus dem Stegreif. Schweiß auf der Stirn, als mein Name gezogen wurde. Doch dann gemeinsam mit der wunderbaren Mylgia van Utrecht auf der Bühne zu stehen, um über Tortendiagramme zu fachsimpeln, war einfach nur großartig!

Was ich mitnahm: Große Themen brauchen offene Räume, echtes Zuhören – und eine ordentliche Portion Humor.

Kapitel 2: Düsseldorf

Am 26. März hielt ich auf dem Deutschen Kitaleitungskongress meine Keynote „Die Kraft des Perspektivwechsels“. Das Publikum: engagiert, interessiert, mitten im Alltag.

Meine Vorrednerin – eine Ministerin – hatte ihre Redezeit … sagen wir mal: großzügig ausgekostet. Ich musste also ein bisschen kürzen, improvisieren, verdichten.

Und trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – passierte das Schönes: Die Botschaft kam klar, direkt und auf den Punkt an. Eine Dame sagte später im Flur: „Das war wie Espresso für die Seele.“ Ich nehme das mal als Kompliment.

Lektion des Tages: Der Perspektivwechsel beginnt nicht auf der Bühne – sondern auf dem Weg dorthin.

Im Anschluss ging es direkt weiter nach Harsefeld – also, eigentlich. Mit dem Linienbus, der U-Bahn – und dann einer Kofferjagd per Taxi (und grandiosem Taxifahrer!!) und einer Zugverspätung, die sich ausnahmsweise mal als Glücksfall entpuppte.

Kapitel 3: Harsefeld – Bauleitung, Bauchgefühl, Begeisterung

Am Abend sprach ich bei der Viebrockhaus AG über Kommunikation und Führung am Bau.

Klingt erst einmal nüchtern. War es aber nicht.

Statt der angekündigten 40 kamen 50 Teilnehmende zum Workshop am nächsten Tag. Und was passiert, wenn plötzlich mehr Menschen mitmachen als geplant?

Dann wird es eng – aber auch intensiv.

Fragen flogen durch den Raum, Köpfe nickten, Arme wurden verschränkt und wieder gelockert. Es ging um Führungsverhalten, Klarheit und ums Zuhören und Verstehen.

Es ging um Verständigung in rauen Umfeldern, um Verantwortung, um das Miteinander auf der Baustelle. Gute Kommunikation ist kein Programmpunkt. Sie ist ein Gespür dafür, was Menschen gerade brauchen – und der Mut, genau dort anzusetzen.

Mein Fazit? Eine Agenda zeigt, was geplant ist. Aber gute Kommunikation zeigt, was möglich ist – besonders dann, wenn es anders läuft als gedacht.

Kapitel 4: Königshain – Frühling, Fabeln und feine Aromen

Am 29. März wurde es stiller, feiner, zauberhafter.

In Königshain-Wiederau erzählte ich Frühlingsgeschichten in der wunderschönen kleinen schweiz. (www.kleineschweiz.info)

Das Publikum: offen, herzlich, genussfreudig.
Das Essen: köstlich (überwiegend vegan).
Die Stimmung? Genau richtig: aufmerksam, interessiert, mit einem Lächeln in den Augen und Zeit im Gepäck.

Ein Abend, der leise nachhallte.

Erkenntnis: Manchmal braucht es keine große Bühne, nur offene Ohren – und ein gutes Menü.

Kapitel 5: Chemnitz – Wenn alles wackelt und trotzdem trägt

Der Geschichtensalon – mein Herzensformat – hat schon viele Menschen in Hamburg zum Zuhören, Lachen und Staunen gebracht. Nun sollte er in Chemnitz Premiere feiern.

Neue Stadt, neue Bühne, neues Publikum – aber das gleiche Prinzip: Poetry Slam trifft Erzählkunst. Zwei Geschichten – doch nur eine davon ist wahr. Das Publikum hört zu, rätselt, diskutiert: Was stimmt? Was ist geflunkert? Und woran erkennt man überhaupt den Unterschied?

Alles war bereit. Location. Ablauf, Gäste.
Bis – zwei Tage vorher – die Nachrichten kamen:
Beide eingeplanten Künstler:innen sagten ab.

Da saß ich nun. Mit einem Format, das für drei gedacht war – und plötzlich nur noch aus einem Gesicht besteht: meinem.

Krisenstimmung? Ja. Kurz.
Aber dann: Ein Anruf, ein mutiger Mensch, ein Ja.
Yannik Sellmann (www.yanniksellmann.de) sprang ein. Ohne langes Zögern, ohne Netz, aber mit ganz viel Haltung.

Er war „eigentlich“ kein Teil des Konzepts – aber wurde Teil der Lösung.

Und plötzlich war da keine Lücke mehr. Sondern Raum.
Für neue Dynamik. Für Vertrauen. Für einen Abend, der getragen war von dem, worum es im Geschichtensalon schon immer ging: Verbindung.

Über 70 Menschen kamen.
Ohne große Werbung. Ohne Kulturhauptstadt- oder sonstige Förderung. Ohne Sicherheit, was sie erwartet. Und sie bekamen: Geschichten. Zum Raten. Zum Lachen. Zum Mitfühlen. Irgendwas davon hallte nach. Im Kopf. Im Bauch. Im Raum.

Die Chemnitzer Presse schrieb: „Erzählkunst auf hohem Niveau.“
Und ich dachte: Ja. Und auf hohem Adrenalinspiegel …

Was bleibt?

  • Dass Formate wachsen dürfen – in neue Städte hinein, mit neuen Menschen.

  • Dass ein abgesagter Plan kein verlorener Abend ist.

  • Und dass ein bisschen Mut manchmal reicht, um Magie entstehen zu lassen.

Kapitel 6: Erzgebirge

Zwei Veranstaltungen für die Erzgebirgssparkasse rundeten diese dichte Zeit ab. Jeweils als Moderatorin: einmal bei einer Auszeichnung der besten Mitarbeitenden (mehr Frauen als Männer – das darf ruhig erwähnt werden). Und dann bei einer hochwertigen Frauentagsveranstaltung mit Kundinnen und Beraterinnen.

Zuhören, würdigen, einrahmen – manchmal ist genau das meine Arbeit.

Was hängen bleibt: Man kann Geschichten erzählen – oder Räume schaffen, in denen sie von selbst entstehen.

Was ich mitnehme?
📌 Improvisation ist kein Plan B – sondern gelebtes Vertrauen.
📌 Zuhören kann man nicht proben – nur praktizieren.
📌 Verbindung entsteht nicht durch Perfektion – sondern durch Präsenz.

🌀 Wann haben Sie zuletzt den Plan über Bord geworfen – und etwas Besseres gefunden?

📖 Welche Ihrer Geschichten wartet noch darauf, erzählt zu werden?

💬 Und wie gehen Sie mit Momenten um, in denen alles passiert – nur nicht das Geplante?

Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit mir durch diese Wochen zu reisen. Wenn Ihnen gefallen hat, was Sie gehört haben – vielleicht kennen Sie jemanden, dem diese Geschichten auch guttun würden.

Und wenn Sie selbst gerade durch turbulente Zeiten gehen: Atmen hilft. Zuhören auch. Und Vertrauen sowieso.

Bis bald – auf einer Bühne, in einem Blog … oder vielleicht bei der nächsten Geschichte.

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