Kampmeiers Kolumne

Wer Konflikte unter den Teppich kehrt, darf sich heute schon aufs Chaos von morgen freuen.

Veröffentlicht am 21. Oktober 2024
Blogbeitrag als Audio anhören:
Als selbst ernannte Toleranzbeauftragte rolle ich heute meinem persönlichen Lieblings-Wert den roten Teppich aus. Denn Toleranz ist das Gewebe, das uns alle zusammenhält. Sie schafft den Raum, in dem unterschiedliche Meinungen und Perspektiven wertgeschätzt werden.

Doch Achtung: Toleranz heißt nicht, dass wir mit allem einverstanden sein müssen! Toleranz hat nichts mit Nachgiebigkeit, Desinteresse oder unserem Bedürfnis nach Harmonie zu tun, wird jedoch häufig verwechselt. Was passiert, wenn wir die daraus entstehenden Konflikte einfach unter den Teppich kehren, verrät uns der heutige Blogbeitrag.
Menschen auf einem roten Teppich

Stellen Sie sich vor, Sie sind Gast in einem fremden Haus. Alle haben sich in einem gemütlichen Wohnzimmer versammelt, das aufgeräumt und freundlich wirkt. Doch irgendetwas stimmt nicht. Ihr Blick fällt auf den dicken Teppich mitten im Raum. Seltsam – niemand betritt ihn, alle bewegen sich vorsichtig drumherum. Als Sie näher kommen, sehen Sie, dass der Teppich uneben aussieht, als läge er über kleinen Hügeln. Es wirkt, als hätte ihn jemand über angehäuften Ballast gebreitet.

Was tun Sie? Fragen Sie nach? Schauen Sie nach, was sich darunter verbirgt? Oder ignorieren Sie es wie alle anderen?

Vielleicht haben Sie sich diese Fragen schon mal gestellt – denn solche Teppiche begegnen uns immer wieder, beruflich und privat. Jedes Mal, wenn wir denken „Das wird sich von allein klären“, wirft der Teppich eine neue Falte. Jedes „Sollen sich doch die anderen kümmern“ lässt die Unebenheit wachsen. Schließlich wird aus einer kleinen Falte ein Hügel, der uns zum Stolpern bringt.

Wir glauben oft, unangenehme Themen verschwinden, wenn wir sie verdrängen. Doch der Teppich wird immer dicker, denn die Probleme lauern darunter, größer und schwerer zu handhaben, je länger wir sie ignorieren.

Der Konflikt, den niemand sehen will

Wir alle kennen das aus unserem privaten Umfeld. Um den Frieden zu bewahren, sprechen wir vieles nicht an. Sie putzt das Bad nicht sauber genug, er gibt zu viel Geld für Schuhe aus, die Schwiegereltern kommen jeden Sonntag – das nervt, aber aus Respekt schweigen wir.

Auch beruflich stoßen wir immer wieder auf versteckte Konflikte:

  • Die Teamleitung sagt nichts, weil sie niemanden demotivieren will, obwohl die Ergebnisse eines Teammitglieds deutlich unter den Erwartungen liegen.

  • Eine Softwareentwicklerin wird in Meetings ständig von ihren männlichen Kollegen unterbrochen, traut sich aber nicht, etwas zu sagen, um nicht als „zu sensibel“ abgestempelt zu werden.

  • Eine Mitarbeiterin aus Regensburg kommt mit ihrem neuen Vorgesetzten aus Dortmund nicht zurecht – er wirkt auf sie viel zu laut und direkt.

  • Ein Architekt aus Syrien hört ständig: „Ach, stimmt, bei euch macht man das ja ganz anders!“. Er schweigt, weil er froh ist, überhaupt einen Job in seinem ursprünglichen Beruf bekommen zu haben.

Jede dieser Situationen ist wie der dicke Teppich im Wohnzimmer. Alle spüren, dass da etwas im Argen liegt, aber niemand spricht es an. Und dann kommt der Tag, an dem der Konflikt explodiert. Ein Streit bricht aus, und plötzlich kommt all das Verborgene ans Licht: Ungesagtes, das Monate oder sogar Jahre im Verborgenen schwelte. Was als kleine Spannung beginnt, kann sich schnell zu einem Flächenbrand entwickeln.

Konflikte wachsen im Schweigen

Ich habe es noch nie erlebt, dass eine Gruppe dauerhaft harmoniert. Das ist auch gar nicht möglich, denn überall, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es Zündstoff. Konflikte sind unvermeidlich – es ist nur eine Frage, wie wir damit umgehen. Manche Menschen werden ironisch, entscheiden sich für passiv-aggressives Verhalten. Andere ziehen sich zurück und leisten nur noch Dienst nach Vorschrift. Manche kündigen und hoffen, dass im nächsten Unternehmen „alles“ anders wird. Doch das eigentliche Problem bleibt bestehen.

Schweigen fühlt sich vielleicht wie der Weg des geringsten Widerstands an – wer möchte schon unangenehme Gespräche führen? Doch in Wirklichkeit entsteht durch Schweigen nur mehr Druck. Es ist, als würden Sie einen Luftballon immer weiter aufpusten und hoffen, dass er nicht platzt – aber irgendwann passiert es doch. Dann ist der Punkt erreicht, an dem die kleinste Bemerkung oder ein unbedachter Blick zum großen Knall führt.

Konflikte sind wie Unkraut im Garten

Ein Konflikt ist wie Giersch. In Maßen verdaulich, bekömmlich, sogar heilsam. Doch wenn Sie ihn wuchern lassen, übernimmt er in Windeseile den ganzen Garten und verdrängt die schönen Blumen. Sie können anfangs über ihn hinwegsehen, aber er wird weiterwachsen, zieht Nährstoffe und Wasser ab und macht den Boden unfruchtbar. Ihn zu ignorieren kostet langfristig mehr Kraft, als sich sofort darum zu kümmern.

Genauso ist es mit Konflikten: Sie werden nicht von allein besser. Sie müssen aktiv gelöst werden, damit der „Garten“ wieder blühen kann.

Der erste Schritt zur Lösung: Kommunikation und Toleranz

Sie können den Teppich mit einem Ruck hochheben und sofort anfangen, den Schmutz herauszukehren – das ist manchmal notwendig, aber auch anstrengend und unübersichtlich. Vielleicht staubt es dann erst einmal gewaltig.

Oder Sie fangen an einer Ecke an und kehren Stück für Stück die Unebenheiten heraus. Oft stellen Sie fest, dass es weniger beängstigend ist, als Sie dachten. Nach und nach glättet sich der Boden, und Sie können den Raum wieder frei durchqueren, ohne zu stolpern.

Genauso ist es mit Konflikten. Der erste Schritt ist, sie überhaupt anzusprechen. Das kann unangenehm sein, aber es ist notwendig. Sobald Sie beginnen, offen darüber zu sprechen, werden Sie merken, dass die Probleme lösbar sind – und dass Toleranz der Schlüssel ist.

Deshalb müssen wir trotzdem nicht mit allem einverstanden sein. Doch mithilfe einer guten Portion Toleranz gelingt es uns, die Perspektive zu wechseln und uns in die Lage unseres Gegenübers zu versetzen. So finden wir gemeinsam Wege zur Lösung und stärken gleichzeitig unsere Beziehungen, damit der nächste Konflikt uns nicht gleich aus der Bahn wirft.

Mut zur Offenheit – den Raum für Veränderungen schaffen

Wenn Sie merken, dass Sie oder Ihr Team immer wieder um dieselben Themen kreisen, ohne sie anzusprechen, dann fragen Sie sich: Wo ist der Teppich, unter den wir unsere Konflikte kehren? Gibt es Dinge, die wir verdrängen, weil es leichter erscheint?

Der Weg aus dieser Sackgasse beginnt mit Mut. Mut, Dinge anzusprechen, die im Raum stehen. Mut, ehrlich zuzuhören und hinzuschauen. Und Mut, sich die eigenen blinden Flecken einzugestehen. Es ist okay, keine Lösung zu haben – finden Sie die Wege zusammen mit Ihrem Gegenüber oder dem Team. Der erste Schritt muss nicht perfekt sein, er muss einfach gemacht werden.

Heben Sie den Teppich an, bevor Sie darüber stolpern – und lösen Sie die Konflikte, bevor sie zu unüberwindbaren Hürden werden.

Wenn Sie Unterstützung brauchen

Melden Sie sich gerne, wenn Sie Hilfe benötigen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass bei Ihnen oder in Ihrem Team Konflikte unter den Teppich gekehrt werden. Gemeinsam schauen wir, wie Sie Konflikte mutig und offen ansprechen können, bevor sie zu Gräben werden.

In meinen Workshops zeige ich Ihnen, wie Sie Spannungen durch empathische Kommunikation lösen und die richtigen Worte finden, um aus der Sprachlosigkeit herauszukommen, sodass sich Ihre Zusammenarbeit dauerhaft verbessert.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Konflikte zu Lösungen und nicht zu größeren Problemen führen.

Workshop anfragen
Zur Blog-Übersicht
zum Seitenanfang